Stefan Gligorov: Wem ich verdanke, was ich heute bin

Wir schreiben das Jahr 2009, ich bin ein 14 Jahre alter Teenager mit Migrationshintergrund, dem die Eltern beigebracht haben, dass Bildung und Hartnäckigkeit wichtig sind. Mit Wurzeln, die irgendwo bei den «Balkanern und Jugos» liegen. Ich besuche die Sek B und habe sehr gute Noten. Der Lehrer empfiehlt mir ein Programm, das ChagALL heisst, und die Eltern finden das gut, weil es gut für mich sein soll. Zuerst aber muss ich ein Vorstellungsgespräch absolvieren und eine Eintrittsprüfung bestehen. Beides klappt bestens.

Fast forward zum Jahr 2023! 14 Jahre später sitze ich vor meinem Laptop, um von der Chance zu erzählen, die sich mir damals bot – und die ich entschlossen ergriff.

Von der Sek B zum Besten in der Sek A

Dank ChagALL, Dorothea und Stefan, konnte ich für mein letztes Schuljahr in die Sek A wechseln. Sie haben mein Potenzial erkannt und sich fortan für mich eingesetzt. In der Sek A musste ich zuerst zwar einiges an Stoff nachholen, was mir aber nicht schwerfiel – bald stieg ich notentechnisch in vielen Aspekten zum Klassenbesten auf.

Dies hat mein Selbstvertrauen sehr gesteigert, sodass ich meinem Ziel, die BMS zu besuchen und eine Lehre als Informatiker zu machen, immer näher kam. Nach vielen Mittwochnachmittagen und Samstagmorgen mit ChagALL, motivierenden Kolleg:innen und sehr guten Coaches hatte ich sie endlich geschafft – die technische BMS-Aufnahmeprüfung. Zu guter Letzt habe ich auch noch eine Lehre als Informatiker gefunden.

Ohne Fleiss keinen Preis

Zu dieser Zeit war ich sehr stolz auf mich und glücklich, dies alles geschafft zu haben. Meine Freude war sehr gross, hätte ich aber gewusst, welch anstrengende Zeit mit vielen Stunden des Lernens mir nun bevorstehen würde, hätte ich mich noch viel mehr gefreut…

Mittlerweile habe ich seit vier Jahren einen HF-Abschluss in Network Engineering und arbeite als System Engineer. Ich durfte sogar für nachfolgende ChagALLer:innen im ChagALL+-Programm als Coach-Assistent mitarbeiten und so ihre Zukunft positiv mitprägen. Zu meiner Zeit gab es Chagall+, das Betreuungsangebot bis zum BMS- oder Gymi-Abschluss, noch nicht. Dass die Chagaller:innen heute weiter unterstützt werden, finde ich super.

Geprägt hat mich in dieser ganzen Zeit, dass es wirklich ohne Fleiss keinen Preis gibt. Wichtig war die Unterstützung meiner Eltern. Sie haben mich, aber auch meinen Bruder immer motiviert, zu lernen, damit wir eine bessere Zukunft haben.

ChagaLL – eine Familie!

Ausserdem hat mich geprägt, dass ChagALL, diese einmalige Lernchance, nicht jedem gegönnt ist. Ich schätze es umso mehr, dass mir die Chance überhaupt geboten wurde. Leider ist das selbst in einer Schweiz noch nicht für alle Jugendliche eine Selbstverständlichkeit. Meiner Meinung nach sollte jede(r) eine Bildung erhalten, die seiner Begabung entspricht, trotz Sprachbarrieren und finanziellen Schwierigkeiten der Eltern. Denn unsere Familien sind in die Schweiz gekommen, damit ihre Kinder ihr Potenzial ausschöpfen und eine bessere Zukunft haben.

Rückblickend auf meine 14 Lernjahre hatte ChagALL nur positive Einflüsse. Das Programm und dessen Teilnehmende sind zu einer richtigen Familie zusammengewachsen. Wir unterstützen uns gegenseitig, geben uns Tipps und können voneinander lernen. Und die super Coaches haben sich um uns gekümmert, als wären wir wirklich eine Familie.

ChagALL und ChagALL+ zeichnen sich dadurch aus, dass sie Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund und aus bescheidenen familiären Verhältnissen eine Chance geben. So können sie ein persönliches Ziel anpacken und allen zeigen: Wer will, kann es schaffen!

Wer die Chance erhält, bei ChagALL mizumachen, soll sie unbedingt packen! Denn ChagALL, den Coaches, den Mitschüler:innen und meinen Eltern verdanke ich zu einem grossen Teil, was ich jetzt bin. DANKE!