Alvin T.: Wie man geplatzte Träume überwindet

Ich heisse Alvin, bin 19 Jahre und lerne im zweiten Jahr Informatiker EFZ bei der Soudronic AG in Bergdietikon. Meine Lehre verläuft gut, im Betrieb und in der Schule. Die Ausbildung bei der Soudronic AG, einem Hersteller von Produktionsanlagen für Metallverpackungen, ist spannend und anspruchsvoll, das merkte ich schon am ersten Tag, als ich einen Elektro-Aufbau machen musste, der zum Montieren von PCs benötigt wird. Auch meine Schulnoten an der Berufsfachschule Baden sind gut, nicht zuletzt weil ich gelernt habe, selbständig zu lernen. Falls ich mal Hilfe brauche, frage ich Kollegen oder meinen Berufsbildner.

Ich glaube, dass ich mit meinem bisherigen Berufsweg sehr zufrieden sein kann. Mir ist aber auch klar, dass ich einige Hindernisse überwinden musste und ohne externe Hilfe durch das Förderprogramm Chagall AG wohl nie so weit gekommen wäre.

Fremdes Schulsystem

Meine Voraussetzungen für eine erfolgreiche Schullaufbahn in der Schweiz waren nicht die besten. Meine Mutter sowie meine Grosseltern, mit denen ich zusammenwohne, konnten mich schulisch kaum unterstützen, da ihnen unser Schulsystem fremd ist. Sie stammen aus Vietnam, ich selbst bin in der Schweiz geboren. Zuhause sprachen wir Teochew, einen chinesischen Dialekt. In der Primarschule lernte ich dann Hochdeutsch, mit dem Schweizerdeutschen fühlte ich mich dagegen lange Zeit unwohl, das hat sich erst in der Sekundarschule geändert.

Dort habe ich erstmals von Chagall gehört, wobei die Inspiration von Kollegen ausging, die das Förderprogramm absolvierten. Es war eine schwierige Zeit für mich, ich musste mich für eine Lehre entscheiden und war in finanzieller Hinsicht nicht immer stabil. Informatik faszinierte mich, und ich begann von der Informatikmittelschule (IMS) zu träumen, eine vierjährige Ausbildung, die Allgemeinbildung, Informatikausbildung und kaufmännische Berufsbildung kombiniert.

Super Tipp von den Kollegen

In der Sek war ich nicht gerade der fleissigste, aber ich hatte recht gute Noten, in Deutsch zum Beispiel eine 5,2. Im Herbst 2018 fragte mich meine Klassenlehrerin Frau Stäger, ob ich Interesse an einem Förderkurs hätte. Das hatte ich sehr wohl, denn meine Kollegen erzählten nur Positives über ihre Erfahrungen mit Chagall.

Gleichzeitig bewarb ich mich für eine Informatiker-Lehrstelle als Applikationsentwickler. Leider musste ich aber bald einsehen, dass meine Noten dafür nicht genügten und auch mein Traum von der IMS unerreichbar blieb. Das tat weh, aber ich konnte es nicht ändern. Ich erweiterte meine Lehrstellensuche, bewarb mich auch als Automatiker, bis ich die Informatik-Ausbildung zum Systemtechniker (heute Plattformentwickler) entdeckte. Am Ende erhielt ich keine Lehrstelle und musste ein 10. Schuljahr an der Kantonalen Schule für Berufsbildung (KSB) absolvieren.

Das war zur Zeit des Corona-Lockdowns, währenddem ich mich aus Rücksicht auf meine Familie impfen liess. Was das Lernen betrifft, fand ich den Lockdown nicht so schlimm. Der Schul- und später der Arbeitsweg fielen weg, und als künftiger Informatiker fand ich am Distanzunterricht sogar Gefallen.

Lernen ist manchmal mühsam

Ein Jahr lang, von 2018 bis Sommer 2019, absolvierte ich Chagall, und das hat mir in vieler Hinsicht enorm geholfen. Meine geduldigen, hilfsbereiten und engagierten Coaches lernten mich, wie man Hausaufgaben richtig macht, Prüfungen vorbereitet, Lernziele formuliert. Ich verbesserte mein Deutsch, meine Aussprache vor allem, erweiterte meinen Wortschatz und lernte, besser zu schreiben. Cool war der regelmässige Austausch mit den Kolleg:innen, das gemeinsame Kochen, Essen und Diskutieren. Man sitzt im selben Boot, versteht die Probleme der anderen und kann sich gegenseitig helfen. Einfach super.

Allerdings muss ich gestehen, dass es mir manchmal schwerfiel, die Motivation aufrecht zu erhalten. Ja, klar, es ging um meine (berufliche) Zukunft, aber man lebt ja auch in der Gegenwart. Jeden Mittwochnachmittag zu «opfern», wenn die Kolleg:innen frei hatten, das das war manchmal mühsam. Aber rückblickend muss ich sagen: Es hat sich wirklich gelohnt. Schon im Herbst 2019 bekam ich die Zusage für meine heutige Lehrstelle – ein Erfolg, den ich nicht zuletzt dem intensiven Bewerbungs-Training bei Chagall zu verdanken habe.